Benjamin – Vier Tage vor dem Passahfest

Anlage 19.b

 

 Personen:

Der Vater

Benjamin, sein Sohn

1

B

Papa, warum darf ich nicht mit zum Tempel?

2

V

Benjamin, ich hab´s Dir doch schon dreimal gesagt, Du bist noch zu  jung!

3

B

Aber Eljon darf mal wieder mit.

4

V

Eljon ist schon 13, und Du bist erst 9.

5

B

Ja, aber ich kann die Tora schon besser auswendig als er!

6

V

Das ist schon richtig, aber trotzdem: Das Alter zählt!

Aber weil Du so eifrig gelernt hast, habe ich mir etwas anderes überlegt: Ich werde Dich mitnehmen zum Lämmerkauf!

7

B

O Papa, wirklich? super! Wann gehen wir ?

8

V

Das müsstest Du eigentlich schon wissen. Überleg mal: Was sagt das 2. Buch Mose über den Zeitpunkt des Kaufs?

9

B

Au ja, stimmt, warte! Es heißt:

Verkündet der ganzen Gemeinde Israels: Am Zehnten dieses Monats verschaffe sich jeder ein Lamm für eine Familie, ein Lamm für jedes Haus!

(Ex 12,2)

10

V

Sehr schön, mein Sohn. Also der Zehnte ist am Dienstag, dann gehen wir beide los.

11

B

Ohne Eljon?

12

V

Ohne Elijon! Nur wir beide.

13

B

Klasse!

 

 

Dienstag Morgen -  auf dem Weg zum Lämmerkauf

14

B

Papa, wer kommt denn dieses Jahr zum Passahmahl zu uns?

15

V

Dieselben Gäste wie voriges Jahr, aber einer kommt noch dazu.

16

B

Wer denn?

17

V

Rate mal!

18

B

Keine Ahnung!

19

V

Doch, das weißt Du. Denk mal an Onkel Gilead!

20

B

Ach sooo. Tante Michal ist ja in diesem Jahr gestorben, und er ist allein.

21

V

Genau. Und deshalb sind wir dieses Jahr insgesamt siebzehn.

22

B

Papa, warum kaufst Du das Lämmchen eigentlich am Ölberg und nicht auf dem Tempelplatz?

23

V

In den Annashallen ist die Auswahl größer. Trotzdem müssen wir zuerst zum Tempel.

24

B

Zum Gebet?

25

V

Nein, wir müssen zum Geldwechsler. Du weißt doch, das römische Geld ist unrein, weil das Bild des Kaisers darauf abgedruckt ist, damit darf man kein Opfertier kaufen.

26

B

Hach, wenn ich bedenke, dass in vier Tagen Passah ist! Ich bin schon ganz aufgeregt.

Aber komm diesmal bitte nicht so spät nach Hause, letztes Jahr hast Du vier Stunden gebraucht!

27

V

Ja, Du bist gut! Weißt Du, was für ein Gedränge auf dem Tempelplatz ist? Hunderttausende Pilger sind in der Stadt, Hunderte von Passahlämmern müssen geschlachtet werden. Und das Schlachten geht erst um 14.30 Uhr los.

28

B

Warum muss unser Lamm eigentlich auf dem Tempelplatz geschlachtet werden? Das könnte man doch auch bei uns im Garten machen.

29

V

Nein, das geht eben nicht, die Priester müssen das Blut auffangen und am Brandopferaltare ausgießen, und nur sie dürfen das Tier abhäuten und ausweiden.

30

B

Tötest Du das Lamm selber?

31

V

Ja, und das ist auch ein Grund, warum ich Dich nicht mitnehme. Der Anblick ist noch nichts für dich.

32

B

Ich bin nur froh, dass Joschuas Lämmchen nicht in Frage kommt. Es hat ja genau das richtige Alter, aber es hat einen schwarzen Fleck am linken Ohr.

33

V

Ja. Joschuas Lamm ist genau ein Jahr alt, aber nicht fehlerlos. Obwohl -  , eigentlich wäre das für dich gerade ein Opfer, das Gott gefällt. Wir wollen Gott doch unsere ganze Liebe zeigen, und das geht am besten, wenn wir ihm etwas schenken, was uns ganz viel wert ist. Und Joschuas Lämmchen gehört doch zu dem Liebsten, was Du hast!

34

B

Ja, aber braucht Gott denn das Fleisch von Tieren, er hat doch keinen Hunger wie wir?

35

V

Nun, ich sehe, Du machst Dir Gedanken, das freut mich.

Du weißt, nur die Fettstücke des Tieres werden verbrannt, das Fleisch gibt uns Gott zurück, sonst könnten wir ja kein Passahlamm essen.

Genau genommen, ist es so: Eigentlich müssten wir uns selbst Gott opfern, das heißt, wir müssten unser Leben für ihn hingeben. Aber das geht nicht, ich muss doch für unsere Familie sorgen. Und so bieten wir Gott zum Ersatz die Tieropfer an.

36

B

Ja, aber hat Gott denn Freude daran, wenn wir für ihn Tiere töten?

37

V

Ehrlich gesagt, ich glaube es nicht. Denn eigentlich will Gott die Tieropfer gar nicht. Beim Propheten Hoséa lesen wir: „Gehorsam ist mir lieber als Schlachtopfer, Erbarmen lieber als Brandopfer.“ (Hos 6,6) Gott möchte Gehorsam, er möchte, dass wir seine Gebote erfüllen. Aber wir Menschen schaffen es ja nicht, den vollkommenen Gehorsam zu leisten, und deshalb opfern wir die Tiere.

38

B

Papa, das verstehe ich nicht. Du sagst, eigentlich will Gott die Tieropfer gar nicht. Und trotzdem opfern wir weiter Tiere!

39

V

Ja, es ist auch für uns Erwachsene schwer zu verstehen. Aber das Entscheidende hast Du eben selber schon gesagt: Unsere Tieropfer sind nur ein Notbehelf. Es müsste einer kommen, der das vollkommene Opfer darbringt, der ganz und gar erfüllt ist von  der Liebe zu Gott und den Menschen. Und wir Juden glauben: Er wird kommen: Es ist der Messias.

 

Fragen zum Text

  1. Warum findet Joel die Tieropfer nicht gut? (34, 36)
  2. Was möchte Gott viel lieber als Tieropfer? (37)
  3. Warum opfern die Menschen ihm trotzdem Tiere? (37)
  4. Warum ist der Messias der Einzige, dessen Opfer vollkommen wäre? (39)

Wir erklären:

Jahre nach dem Tod Jesu wurde der Tempel restlos zerstört und bis heute nicht wieder aufgebaut. Mit dem Tempel endeten die Tieropfer. Die Juden feiern ihre Gottesdienste heute in Synagogen als reine Gebetsgottesdienste.

Die Christen hatten die Tieropfer von Anfang an nicht mitgemacht. Das einmalige und vollkommene Opfer Christi war an die Stelle der vielen und unvollkommenen Tieropfer getreten.