15. Die Messdiener/innen,

Der Wert der Dinge, Bedeutung des Gewandes

Einführung

 

Vorbereitung für das nächste Gespräch

Falls die Großeltern noch leben und erreichbar sind, können wir sie zum Gespräch einladen oder fragen, ob sie etwas berichten können zur Kommunionpraxis ihrer Eltern.

„Die Bedeutung des Ministrantendienstes für die Weitergabe des Glaubens und eines lebendigen Bezuges zum Gottesdienst an zukünftige Väter und Mütter kann nicht hoch genug eingeschätzt werden.“ (A 1) Deshalb widmet sich dieses Kapitel ausführlich dem Thema Messdiener/in. (A 2)

Unserem Kind soll deutlich werden, dass der Dienst am Altar etwas Besonderes, etwas Kostbares ist.

Kostbar sind auch die Gegenstände, mit denen die Messdiener/innen zu tun haben. Vielleicht bekommt unser Kind ja Lust, selber Messdiener/in zu werden. Mit der Taufe und der Erstkommunion hat es alle Voraussetzungen dafür.

Außerdem soll es ein wenig die Bedeutung des Gewandes erfassen. Während der heiligen Handlung tritt die Individualität des Trägers zurück hinter das Amt, das er versieht. Das ist der Grund für die Priesterkleidung, aber auch für die Ministrantenkleidung.

 

Judentum und Islam

Im jüdischen Synagogalgottesdienst gibt es etwas Vergleichbares wie Messdiener/innen nicht. Man kann aber in etwa die Leviten zur Zeit des Tempels (bis 70 n.Chr.) mit ihnen vergleichen, sie waren die Assistenten der Priester.

Im islamischen Gottesdienst sind vergleichbare Dienste unbekannt, er ist ein reiner Gebetsgottesdienst und wird ganz dominiert vom Imam, dem Vorbeter.

Im christlichen Umfeld sind Messdiener/innen vor allem ein katholisches Phänomen, nur wenige evangelische Kirchen kennen etwas Vergleichbares.

 

Die Aufgaben der Messdiener/innen oder Minis, wie sie liebevoll genannt werden (A 3) , sind vielfältig:

  • Sie begleiten den Priester beim Einzug und Auszug.
  • Beim Evangelium stehen sie mit brennenden Kerzen an seiner Seite.
  • Sie helfen bei der Gabenbereitung und Händewaschung.
  • Sie schellen vor und nach der Wandlung.
  • Sie bringen nach der Kommunion die liturgischen Gefäße zum Kredenztisch zurück.
  • Wenn der Priester segnend durch die Kirche geht, tragen sie das Weihwassergefäß und das Aspergill, den Sprengel zum Weihwassersprengen.
  • Bei feierlichen Gottesdiensten sind sie für den Weihrauch zuständig, tragen das Vortragekreuz, Kerzen, Leuchter und Flambeaus,
  • und bei Prozessionen und Wallfahrten tragen sie die Fahnen.
  • Ihre vornehmste Aufgabe aber ist es, stellvertretend für die Gläubigen die Opfergaben der Gemeinde, Brot und Wein, zum Altar zu bringen.

 

Statistik

Die Zahl der Ministranten in Deutschland – Jungen und Mädchen – betrug im Jahr 2009 436.228, das waren 43.000 mehr als 2004. Der Anteil der Mädchen betrug im Jahr 2003 50,44%.

Mädchen waren früher nicht zugelassen, weil man die Messdiener als niedere Kleriker auf dem Weg zum Priestertum betrachtete. Das 2. Vatikanische Konzil hat klargestellt, dass Ministranten Laien sind und gerade als solche „einen wahrhaft liturgischen Dienst“ ausüben.

Damit war der Weg frei für die Mädchen. Seit 1994 ist es in der römischen Kirche offiziell, dass auch sie Messedienen dürfen. (Q 1)

 

Der Wert der Dinge

Was in der Hl. Messe geschieht, bildet einen Kontrapunkt zur Entwertung der Dinge in unserem Alltag.

In unserer Überfluss- und Konsumgesellschaft ist das Empfinden dafür, dass Dinge kostbar sind, oft unterentwickelt oder sogar verloren gegangen.

  • Beim zwanzigsten Teddy verlieren die ersten neunzehn an Wert.
  • Wenn alles käuflich ist, ist es auch austauschbar. Wenn man das entsprechende Geld hat, braucht man die Ware nicht pfleglich zu behandeln; wenn etwas kaputt geht, wird es eben neu gekauft.
  • Nicht wenige stellen sich mitten in der Nacht an, um das neueste Smartphone zu ergattern. Letztlich führt das zur Enttäuschung, denn es ist absehbar, dass dieses Gerät wie alles Materielle bald an Reiz verliert, spätestens sobald die nächste Version auf den Markt kommt. (A 4)

Genau umgekehrt ist es mit den eucharistischen Gaben in der Hl. Messe: Brot und Wein.

Denn zum einen erkennen wir in ihnen die Gaben der Schöpfung und danken dem Schöpfer dafür, zum anderen nimmt Gott sie in Dienst, um mit ihnen unser Heil zu wirken. Damit erfahren sie eine unfassbare Aufwertung.

So treten unsere Kinder und Jugendlichen in der hl. Messe in eine Welt ein, in welcher die Dinge nicht abgewertet, sondern aufgewertet werden, und für Messdiener/innen könnte das noch deutlicher werden als für die Gläubigen. Denn das eben Gesagte gilt ja nicht nur für Brot und Wein, sondern in gewisser Weise auch für die mit dem Gottesdienst verbundenen Dinge:

  • für die Messdienerkleidung: Da geht es nicht um Markenware, sondern um Gewänder, die zu einem heiligen Dienst bestimmt sind.
  • für das Weihwasser
  • Selbst die Altarschellen sind mehr als die Pausenglocke in der Schule. Sie kündigen die Wandlung an, einen Vorgang, der ein gewaltiges Mysterium darstellt.

Natürlich wird das alles dem Kind bzw. Jugendlichen nur mittelbar bewusst. Im Vordergrund der Aufmerksamkeit stehen zunächst durchaus andere Dinge, z.B. die korrekte Ausführung der Choreographie. So amüsieren sich unsere Enkelinnen auf dem Nachhauseweg gern darüber, was die „Neuen“ wieder alles falsch gemacht haben. Aber bei alledem sind sie doch stolz darauf, Messdienerinnen zu sein, und dieser Stolz erklärt sich aus dem Empfinden, dass Messedienen etwas Nicht-Alltägliches, etwas Kostbares ist. Und das kommt auch von der Kostbarkeit der Dinge.

 

Warum gibt es für Priester und Messdiener/innen im Gottesdienst eigene Gewänder?

Mit dieser Frage ist die Bedeutung des Gewandes überhaupt gestellt.

Man kann die Antwort bereits im außerkirchlichen Bereich von der Berufskleidung ablesen:

Die Uniform des Polizisten, der weiße Kittel des Arztes, die Robe des Richters erklären sich alle aus der Tatsache, dass hier nicht in erster Linie die Individualität der Person im Vordergrund steht, sondern ihr Amt. Dasselbe gilt für die liturgischen Gewänder des Priesters, des Diakons und auch der Ministranten.

Doch kommt im kirchlichen Raum noch etwas Wesentliches hinzu. Das liturgische Gewand erinnert auch an das Wort des Apostels Paulus:

Lasst uns ehrenhaft leben wie am Tag... Legt (als neues Gewand) den Herrn Jesus Christus an... (Röm 13.13f)

Das weiße Chorhemd der Messdiener bzw. die Albe weisen darüber hinaus auf das Taufkleid hin.

 

Anmerkungen

(A 1) Michael Kunzler II, S. 89

(A 2) In diesem Kapitel verwende ich zur Ehre der Mädchen ausnahmsweise die inklusive Sprache.

 (A 3) Diese Bezeichnung ist allerdings insofern etwas problematisch, als sie nahe legt, der Dienst am Altar sei ausschließlich eine Sache für Kinder. In manchen Pfarreien bleiben die Messdiener/innen treu bis ins Erwachsenenalter. Wenn Erwachsenen ministrieren, ist das der großen Bedeutung dieses Dienstes sehr angemessen.

 (A 4) Was hier über Dinge und Sachwerte gesagt wird, gilt natürlich in ungleich intensiverer Weise vom Respekt vor Personen. Jugendliche Zuwanderer aus Asien und dem Nahen Osten bemerken z.B. mit Befremden bei ihren deutschen Altersgenossen den mangelnden Respekt vor Eltern und Lehrern.

  • Eine vietnamesische Schülerin hat mir einmal erklärt, dass es für sie undenkbar sei, sich lässig am Türrahmen anzulehnen, während sie mit den Eltern spricht.
  • Ein junger Imam, dem ich ein Jahr lang Deutschunterricht gegeben hatte und der inzwischen in die Türkei zurückgekehrt ist, schrieb mir kürzlich eine mail und begann mit der Anrede: Mein guter Lehrer! Als er noch hier war, sprach er mich immer an mit den Worten: Mein Lehrer! Und der Ton dieser Anrede zeugte vom Respekt vor dem Lehrer überhaupt. Dass dies keine Missinterpretation ist, zeigte sich, als er einmal zwei Imame und mich im Auto mitnahm. Ich sollte als erster einsteigen und wählte einen Sitz auf der Rückbank. Die Reaktion „meines“ Imams war eine ernstliche Irritation: Er konnte diese Selbstherabsetzung einer Autoritätsperson nicht verstehen.

 

Quellen 

(Q 1) Wikipedia